Johannis-Kräuterstrauß binden am Kräuterbeet Rittergut Kleingera

Während zum Arbeitseinsatz am Samstag vorwiegend im einstigen Herrenhaus gearbeitet wurde, war am Johannestag der Gutsgarten Treffpunkt. Am Samstag hatten die männlichen Vereinsmitglieder fleißig mit angepackt, hatten unter anderem einen DDR-Holzverschlag aus dem Treppenhaus entfernt, ebenso PVC-Bodenbeläge, bis die schönen alten Holzdielen und Steinböden wieder überall sichtbar wurden.

Im Gutsgarten trafen sich Mittwochnachmittag die dem Verein zum Erhalt des Rittergutes Kleingera angehörigen Frauen. Auf Grund der Corona-Pandemie hatten sie diesmal darauf verzichtet, sich Gäste einzuladen zum Johanni-Strauß-Binden. Doch auf das Binden der Kräutersträuße an sich wollten sie nicht verzichten. Rosalie Brandt, die sich um den Kräutergarten des Gutes kümmert, erzählte viel über die Heilkraft der dort und in der Streuobstwiese rund um den idyllischen Küchenteich wachsenden Kräuter. Daniela Hommel-Kreißl, die Mitglied des Kirchenvorstands der Evangelisch-Lutherischen Kirchgemeinde Netzschkau ist, sagte einige Worte zur kirchlichen Bedeutung des Johannestages, der dem Gedenken an Johannes, den Täufer, gewidmet ist. Sie machte darauf aufmerksam, dass am Johannestag überall in der Umgebung auf den Friedhöfen Johannesandachten stattfinden. Einige der Frauen, die nachmittags in Kleingera Kräutersträuße banden, waren dann auch am Abend zur Johannesandacht auf dem Brockauer Friedhof dabei, die von Thomas Kegler gehalten und von einer Bläsergruppe musikalisch ausgestaltet wurde.

Beinwell, Mädesüß, Echten Frauenmantel, Kamille, Mutterkraut, Schafgarbe, Klettenlabkraut, Ringelblume, Gänsefingerkraut, aber auch Rosmarin, Gundermann, Zinnkraut, Pfefferminze, Salbei, Giersch, Brennessel, Kornblume, Löwenzahn, Zitronenmelisse und natürlich das Johanneskraut, das in keinem Johanni-Strauß fehlen darf, banden die Frauen in ihre Kräutersträuße. Mindestens 7 Kräuter gehören in den kleinsten Johanni-Strauß.

Das Johanni-Strauß-Binden ist eine Tradition, die auch im Vogtland seit jeher gepflegt wird. Die Frauen des Kleingeraer Rittergutsvereins ließen sie vor einigen Jahren gemeinsam neu aufleben und treffen sich seither am Johannestag, dem Tag, an dem Heilkräuter ihre größte Wirkkraft entfalten, am Küchenteich. Nach dem gemeinsamen Binden neuer Kräutersträuße, die in Küchen oder Ställen aufgehängt werden, um Krankheiten von Haus und Hof fernzuhalten, werden in der Johanni-Nacht die Kräutersträuße aus dem Vorjahr verräuchert. Auch mit diesem Ritual dachten die Altvorderen, Krankheit und Verderben ausräuchern zu können. Und so meinte Rosalie Brandt: „Dann lasst uns hoffen, dass wir so auch Corona von uns fern halten können.“

Wer wollte, konnte sich Absenker von Muskateller-Salbei oder auch anderen Kräutern, wie Fenchel, mit nach Hause nehmen. Die meisten der Vereinsfrauen pflegen auch privat Kräutergärten, schneiden dort in diesen Tagen verschiedene Kräuter, um sie separat zu trocken und später als Tee zu verwenden. Die Blüten des Johanneskrauts setzen einige mit Öl an. Das nach acht Wochen entstandene Rotöl hilft als Einreibung gegen Rückenschmerzen. Aus Giersch, Vogelmiere, Löwenzahn & Co. wird Pesto, das eingeweckt haltbar gemacht wird. „Wir wollen nicht nur das einstige Rittergut als Wahrzeichen Kleingeras erhalten, sondern auch das Wissen der früheren Landfrauen – und ihre Bräuche pflegen“, sagt Rosalie Brandt. dahk